Live aus Melbourne: Federer-Traum und ein Hammermatch von Friedsam

Roger Federer, Foto Bastian Rapp
Die erste Hälfte der Australian Open nähert sich dem Ende. In den letzten Tagen hatte ich einfach keine Zeit zum Schreiben. Zwölf Stunden Tennis anschauen und zwischendurch dann auch immer wieder jobben, um meinen Aufenthalt hier zu finanzieren - alles gar nicht so einfach. Hier jetzt aber alles noch einmal im Schnelldurchlauf, was sich ab Mittwoch abgespielt hat. 

Starkes Turnier für Brands
Nachdem Daniel Brands als letzter verbleibender Deutscher in der zweiten Runde gegen den Spanier Guillermo Garcia-Lopez (ATP 27) in vier knappen Sätzen verloren hatte, war auch der letzte deutsche Teilnehmer bei den Herren ausgeschieden. Ich konnte nur die erste Hälfte des Spiels verfolgen, jedoch zeigte Brands erneut, dass er wieder zurück und auch für erfahrene Top-Spieler wie Garcia-Lopez eine echte Herausforderung ist. Dies rundete ein durchaus erfolgreiches Turnier für ihn ab, in dem er sich von der Quali in die zweite Runde gespielt hat. Ich war bei jedem Match dabei und konnte feststellen, wie er auch Spiel für Spiel mehr Zuschauer für sich gewinnen konnte. 

Federer-Traum geht in Erfüllung
Highlight für mich am Mittwoch war, dass ich zum ersten Mal Roger Federer in der Rod Laver Arena spielen sehen konnte. Mein Dank geht hier an meinen Tenniskollegen Pete, der mir kurz vor dem Match das Ticket für die Arena organisiert hat. Federer spielte seine zweite Runde gegen den Ukrainer Alexandr Dolgopolov (ATP 35), der nicht seinen besten Tag erwischt hat. So konnte der Schweizer relativ schnell in drei Sätzen gewinnen, was für mich leider hieß, dass das Vergnügen, ihm zuzuschauen, nur von kurzer Dauer war. Dennoch ein einmaliges Erlebnis und es ließ sich hier, wie wahrscheinlich auch in jedem anderen Tennisstadion der Welt beobachten, welches Ansehen Federer unter den Zuschauern genießt. Obwohl es nur ein Vorrundenspiel war, war das Stadion sehr gut gefüllt und fast alle haben lautstark Federer unterstützt.

Am Donnerstag war dann wieder der Großteil der deutschen Damen im Einsatz. Wie schon am Vortag regnete es am Morgen. Ab Mittag war es aber wieder sehr heiß. Dies ist ein Wetterphänomen in Melbourne, das anscheinend öfter vorkommt. Denn alle Einheimischen kamen im Gegensatz zu mir schon morgens mit kurzen Klamotten und hatten dann später nicht wie ich mit der Hitze zu kämpfen. Überhaupt empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig zu den Spielen zu kommen, um einen der begehrten Schattenplätze zu ergattern, da sonst die Sonne sehr unangenehm werden kann. Zum Glück wurde seit letztem Jahr ein Großteil der Tribünen neu überdacht. Auf den Show Courts sind aber leider immer noch alle Sitzplätze ohne Sonnenschutz. 

Kerber und Beck überzeugen
John Isner, Foto Bastian Rapp
Nachdem ich am Donnerstag erst einmal den schnellen Aufschlag von John Isner bewundert habe, der gegen Marcel Granollers in die dritte Runde einzog, schaute ich bei Sabine Lisicki zu. Lisicki, die nach ihrer Verletzung letztes Jahr immer noch nach ihrer Form sucht, hatte es mit der Tschechin Denisa Allertova (WTA 66) zu tun. Sie hat den ersten Satz relativ schnell verloren, kam im zweiten zurück und zeigte dort, dass sie doch noch ihr Potential wie damals in Wimbledon abrufen kann und gewann diesen durch starke Grundschläge relativ deutlich. Im entscheidenden dritten Satz kamen jedoch trotz großer Unterstützung aus ihrer Box wieder die Nerven ins Spiel. Neben Coach Christopher Kas, Freund Oliver Pocher und Fed Cup-Chefin Barbara Rittner gab sich sogar Djokovic-Trainer Boris Becker persönlich die Ehre, um Lisicki zu unterstützen. Dennoch unterlag sie am Ende mit 3:6 6:2 4:6. Erfreulich aus deutscher Sicht hingegen war, dass sowohl Angelique Kerber als auch Laura Siegemund und Annika Beck gewannen und somit die dritte Runde erreichten. Besonders stark präsentierte sich Beck, die mit 6:2 6:3 gegen die an elf gesetzte Schweizerin Timea Bacsinszky sehr deutlich gewann. 

Fernando Verdasco, Foto Bastian Rapp
Spaß zum Zuschauen hat am diesen Tag noch das Match des Israeli Dudi Sela gegen Nadal-Bezwinger Fernando Verdasco gemacht. Ich habe ja bereits beim Match Becker-Sela auf die Fanschar von Sela hingewiesen. Diese kam auch am Donnerstag wieder lautstark zur Unterstützung. Teilweise bekommt man echt das Gefühl, dass Sela in Vertretung für das ganze Land spielt und dass es tausend verschiedene Fangesänge gibt, die den Namen Dudi Sela beinhalten. Letztendlich hat er die Fans auch nicht enttäuscht und konnte das Match in vier Sätzen für sich entscheiden, was jedoch eher an der schwachen Leistung Verdascos lag.

Hammermatch von Friedsam
Anna-Lena Friedsam, Foto B. Rapp
Am Freitag setzte sich der Regen durch. Für alle Ground Pass-Besitzer wie mich hieß das, dass lediglich die Hisense Arena für Spiele in Frage kam, weil hier das Dach geschlossen werden kann. Aber da wollte ich sowieso hin und mir das Match von Dominic Thiem gegen den Belgier David Goffin anschauen. Das war ein absolutes Hammermatch. Im ersten Satz kam Thiem noch nicht wirklich rein ins Match, aber dann war es ein sehr starkes Spiel mit dem besseren Ende für Goffin. Thiem hatte zwar oft die druckvolleren Schläge, war jedoch besonders bei den big points nicht so nervenstark wie Goffin. Für Thiem waren zwar damit die Australian Open zu Ende, aber für mich ist er ein Spieler mit ganz großem Potenzial, von dem wir in Zukunft noch viel hören werden. Danach überraschte die deutsche Anna-Lena Friedsam gegen die US-Open-Finalistin Roberta Vinci. Ich habe eigentlich auch mit einem klaren Sieg der Italienerin gerechnet. So sah es auch im ersten Satz aus, den Vinci schnell mit 6:0 gewann. Dann aber zeigte sich, wie sehr sich guter Kampfgeist auszahlt und wie schön und belohnend Tennis doch sein kann, zumindest durch die deutsche Brille betrachtet. Friedsam ließ sich nicht unterbringen, spielte einfach ihr Spiel weiter. Plötzlich kamen ihre Winner und sie war auf einmal mit 4:0 vorne. Dann kam sie jedoch kurz ins Wackeln, blieb jedoch nervenstark und gewann den Satz mit 6:4. Auch im engen dritten Satz blieb sie cool und holte sich mit 6:4 den Sieg. Neben ihr war auch das ganze Stadion von ihrer Leistung überwältigt und spendete heftigen Beifall. Von der Spannung her war das definitiv das beste Match, das ich bis jetzt hier gesehen habe und ich hoffe, es geht noch so weiter für Friedsam.

Am Samstag war ich leider nicht auf der Anlage, kann also nichts persönlich berichten. Erfreulich ist aber, dass sowohl Angelique Kerber als auch Annika Beck im Achtelfinale stehen und nun aufeinander treffen. Am Sonntag spielt Friedsam gegen Radwanska. Nächste Woche werde ich mich auch einmal mit dem Besaiter von Novak Djokovic treffen und mit ihm ein kleines Interview machen. Bastian Rapp


Zum Autor: Bastian Rapp (18) kommt aus Brannenburg (Oberbayern), ist leidenschaftlicher Tennisspieler (Bezirksliga, TSV 1860 Rosenheim) und ausgebildeter Tennistrainer. Er ist nach seinem Abitur (Sommer 2015) für neun Monate nach Australien aufgebrochen (Work and Travel) und wird dort live auf unserem Blog von den Australien Open, dem ersten Grand-Slam-Turnier im Jahr, berichten.