Live aus Melbourne: Federer wahrhaftig, Brands präzise, Kohlschreiber unkonstant

Roger Federer beim Training, Foto Bastian Rapp
Zwei von acht Deutschen haben es bei den Australien Open durch die Qualifikation geschafft und können sich nun auch im Hauptfeld beweisen. Peter Gojowczyk (ATP 223), der bereits in der zweiten Runde gegen die amerikanische Tennishoffnung Frances Tiafoe (ATP 179) überzeugte, durfte im Qualifinale gegen den Russen Alexander Kudryavtsev (ATP 166) ran. Er konnte nach Startschwierigkeiten seine starke Leistung wiederum hervorragend abrufen und gewann mit 3:6 7:6(3) 6-2. Ebenso durch ist Daniel Brands (ATP 151), nach einem 7:6(1) 6:4 gegen den Iren James McGee (ATP 198). Brands scheint nach seinem Verletzungspech nun endlich wieder zu seiner Form zurückgefunden zu haben. Fast geklappt hätte es auch für Mischa Zverev (ATP 171). Nachdem er im dritten Satz bereits mit 4:0 gegen den amerikanischen Youngster Taylor Fritz (ATP 155) geführt hat, musste er sich doch mit 3:6 7:6(5) 6:4 geschlagen geben. Die Qualifikation war also zumindest teilweise erfolgreich für die Deutschen und auch Davis Cup-Chef Michael Kohlmann, mit dem ich mich kurz unterhalten konnte, zeigte sich nicht unzufrieden mit dem Abschneiden seiner Spieler. Generell war die Qualifikation eine sehr coole Erfahrung für mich, da man hochklassiges Tennis umsonst und auf den besten Plätzen zu sehen bekommt.

Kohlschreiber mit vielen Eigenfehlern
Match Kohlschreiber, Foto Bastian Rapp
Nachdem am Sonntag pausiert wurde, ging der Montag mit einem Hammer los. Die deutsche Nr.1 Philipp Kohlschreiber musste gleich in der ersten Runde gegen die Nr.7, Kei Nishikori ran. Dies ist besonders unglücklich, da Kohlschreiber nur um ein Haar die Setzliste verpasst hat. Er hätte sonst den anderen Gesetzten in den ersten beiden Runden aus dem Weg gehen können. Leider traf es auch die anderen Deutschen mit dem Lospech: Alexander Zverev spielt am Dienstag gleich gegen den Weltranglistenzweiten, Andy Murray. Nichtsdestotrotz konnte man nicht ohne Hoffnung in die Kohlschreiber-Partie gehen, da Nishikori in letzter Zeit schwächelte und Kohlschreiber in der Vergangenheit immer wieder gezeigt hat, dass er die Großen ärgern kann. Das Match fand in der Hisense-Arena statt, in die man glücklicherweise auch mit dem Ground Pass hineinkommt, der ungefähr 40 Dollar pro Tag kostet. Da es der erste Turniertag war, drängten entsprechend viele Menschen im Tennisfieber in Richtung Anlage. Wir waren aber früh dran und konnten uns einen gut Platz sichern. Wir bekamen aber leider nicht das erhoffte, hochklassige Match zu sehen. Schon von Anfang an streuten beide leider sehr viele unforced errors ein und es kamen wenige Ballwechsel zustande. Bis zum 5:4 konnten beide ihren Aufschlag durchbringen, dann jedoch konnte Nishikori durch ein fokussiertes Returnspiel den Satz für sich entscheiden. Kohlschreiber konnte sich zwar immer wieder durch platzierte Schläge freie Punkte erarbeiten, war im Großen und Ganzen jedoch zu unkonstant. Nishikori wurde nach und nach stabiler und gewann schließlich 6:4 6:3 6:3 womit der erste Deutsche bereits aus dem Turnier ausgeschieden ist. 

Brands kämpft sich durch
Daniel Brands, Foto Bastian Rapp
Direkt danach gings zu Daniel Brands, der auf einem der äußeren Courts der Anlage mit dem Dominikaner Victor Estrella Burgos (ATP 55) zu kämpfen hatte. Estrella Burgos war sicherlich eines der machbareren Lose der Qualifikanten, ist jedoch besonders durch seinen Kampfgeist nicht zu unterschätzen. Der Deutsche konnte jedoch seine starke Leistung aus der Qualifikation noch einmal abrufen und trieb seinen Gegner besonders durch extrem präzise und schnelle Vorhände zur Verzweiflung. Lediglich im dritten Satz kam er kurz ins Hadern, als er diesen nach etlichen Breakbällen noch vergab. Er blieb jedoch cool und gewann letztendlich mit 6:4 7:6(1) 4:6 6:1. Direkt am Nebenplatz war noch die Deutsche Anna-Lena Friedsam (WTA 82) gegen die Spanierin Lordes Dominguez Lino (WTA 100) mit 7:6 2:6 6:1 erfolgreich. 

Nun war erstmal Pause mit den deutschen Matches. Es war eine schwierige Entscheidung, welches Match wir jetzt anschauen sollten, weil besonders in den ersten Runden so viele gute Spieler gleichzeitig spielen und man ständig auf das Scoreboard schaut. Wir entschieden uns erstmal im deutschsprachigen Raum zu bleiben und schauten bei dem Österreicher Dominic Thiem (ATP 20) zu, der sich einen spannenden Kampf mit dem Argentinier Leonardo Mayer (ATP 36) lieferte. Im Duell der beiden Einhänder war schließlich Thiem der konstantere und konnte in vier Sätzen gewinnen. Generell ist es empfehlenswert, sich die Matches im Vorhinein auszusuchen, da man aufgrund der Menschenmassen nach Beginn eines Spiels oft sehr schwierig einen Platz bekommt, insbesondere als Gruppe. 

Roger Federer - endlich höchstpersönlich
Training Roger Federer, Foto Bastian Rapp
Um 16 Uhr dann: Training des Maestros Roger Federer höchstpersönlich auf Court 18. Da wir dort unbedingt zuschauen wollten, gingen wir schon eine halbe Stunde vorher hin, um jedoch festzustellen, dass dies lange nicht reicht und sich schon die Menschen um den Platz tummelten. Nach einer Weile bekamen wir doch einen relativ guten Platz und konnten diese einzigartige Leichtigkeit bewundern,die Federer auch beim Training an den Tag legt. Diese konnte er auch später beim Match gegen den Georgier Nikoloz Basilashvili (ATP 118) abrufen und gewann relativ klar in drei Sätzen. 

"Bad Boy" Kyrgios mit gewohnter Arroganz
Night session Kyrgios, Foto Bastian Rapp
Nach einem kurzen Abstecher zu Grigor Dimitrov (ATP 28), der wenig Probleme gegen den Italiener Paolo Lorenzi (ATP 57) hatte, kam schließlich das australische Highlight des Tages. In der vollbepackten Hisense-Arena spielte Nick Kyrgios (ATP 30) gegen den Spanier Pablo Carreno Busta (ATP 68). Ich habe bereits im Vorhinein mit ein paar Australiern über Kyrgios gesprochen und es stellte sich heraus, dass auch die Australier ein sehr ambivalentes Verhältnis zu ihrem 'Bad Boy' pflegen. Davon war zumindest diesen Abend nichts zu spüren, da das ganze Stadion lautstark Kyrgios unterstützte, jedoch nicht unfair gegenüber Carreno Busta war. Kyrgios enttäuschte seine Fans nicht und überzeugte im gewohnt arroganten Stil. Schon im ersten Satz ließ er seinem Gegner kaum eine Chance und legte ein extrem druckvolles Spiel an den Tag. Später kamen dann auch noch die obligatorischen Zauberschläge und somit war mit einem 6:2 7:5 6:2 der australische Tennistag perfekt. 

Petkovic raus
Aus deutscher Sicht gab es leider etwas später noch eine Niederlage, da Andrea Petkovic der Russin Elizaveta Kulichkova (WTA 109) unterlag. Ich konnte nur das Ende des zweiten Satzes sehen, Petkovic scheint leider noch nicht zu ihrer alten Form zurückgefunden zu haben.

Alles in allem war es ein recht spektakulärer erster Tag der Australian Open, der mir Lust auf die weiteren zwei Wochen gemacht hat. Achja und auch die Sonne war heute wieder Stammgast auf der Anlage, was auf den Courts ohne Sitzplätze im Schatten nicht ganz ohne ist. Bastian Rapp


Zum Autor: Bastian Rapp (18) kommt aus Brannenburg (Oberbayern), ist leidenschaftlicher Tennisspieler (Bezirksliga, TSV 1860 Rosenheim) und ausgebildeter Tennistrainer. Er ist nach seinem Abitur (Sommer 2015) für neun Monate nach Australien aufgebrochen (Work and Travel) und wird dort live auf unserem Blog von den Australien Open, dem ersten Grand-Slam-Turnier im Jahr, berichten.